ACT – Acceptance and Commitment Therapy für die Integration nach dem Retreat

Acceptance and Commitment Therapy (ACT) ist ein moderner, wissenschaftlich fundierter Ansatz, der hilft, schwierige Gefühle und Gedanken nach einem Retreat anzunehmen, statt sie zu verdrängen – und trotzdem engagiert neue Wege zu gehen.

Wissenschaftlicher Kontext & Ursprung

ACT wurde in den 1980ern von Steven Hayes entwickelt und ist heute eine der am besten erforschten Methoden der dritten Welle der Verhaltenstherapie.

  • Ziel: Psychische Flexibilität – die Fähigkeit, unangenehme Gefühle/Gedanken zu akzeptieren und trotzdem nach den eigenen Werten zu handeln.

  • Wissenschaft: Zahlreiche Studien belegen die Wirksamkeit von ACT bei Stress, Angst, Depression und persönlicher Entwicklung (Hayes et al., 2011).

Das ACT-Hexaflex-Modell

Das Herzstück von ACT ist das „Hexaflex“ – sechs Kernprozesse, die zusammen psychische Flexibilität fördern:

  1. Akzeptanz (Acceptance): Gefühle und Gedanken annehmen, statt sie zu bekämpfen.

  2. Defusion: Abstand zu belastenden Gedanken gewinnen.

  3. Achtsamkeit (Contact with the Present Moment): Im Hier und Jetzt präsent sein.

  4. Selbst-als-Kontext: Sich nicht mit einzelnen Gedanken/Emotionen identifizieren.

  5. Werte: Klären, was einem wirklich wichtig ist.

  6. Engagiertes Handeln (Committed Action): Schritte in Richtung dieser Werte gehen.

Typische Herausforderungen nach dem Retreat

  • Enttäuschung: Das Retreat war anders als erhofft.

  • Frustration: Alte Muster kehren zurück.

  • Selbstzweifel: „Bin ich überhaupt bereit für Veränderung?“

  • Überforderung: Zu viele neue Impulse, Unsicherheit bei der Umsetzung.

  • Vergleich mit anderen: „Die anderen sind viel weiter als ich.“

  • Scham oder Schuld: „Ich habe nicht genug aus dem Retreat gemacht.“

Konkrete Übungen für jeden ACT-Bereich – mit Bezug auf Retreat-Integration

1. Akzeptanz

Übung:
Setze dich ruhig hin und schreibe auf, welche Gefühle du nach dem Retreat wahrnimmst (z.B. Enttäuschung, Überforderung, Traurigkeit).
Sage dir: „Es ist okay, dass ich das fühle. Gefühle kommen und gehen.“
Warum:
Akzeptanz nimmt Druck raus und macht den Weg frei für Veränderung.

2. Defusion

Übung:
Schreibe belastende Gedanken (z.B. „Ich bin nicht gut genug“, „Ich habe versagt“) auf Zettel.
Halte sie vor dich, lies sie laut und sage: „Das ist nur ein Gedanke, nicht die Wahrheit.“
Warum:
Defusion schafft Abstand und verhindert, dass Gedanken dich steuern.

3. Achtsamkeit

Übung:
Mache eine 5-Minuten-Atemmeditation oder einen Bodyscan.
Konzentriere dich auf das Hier und Jetzt, ohne zu bewerten.
Warum:
Achtsamkeit reduziert Stress und hilft, in Kontakt mit dir selbst zu bleiben.

4. Selbst-als-Kontext

Übung:
Stelle dir vor, du bist ein weiter Himmel und deine Gedanken/Gefühle sind Wolken, die vorbeiziehen.
Warum:
Du bist mehr als einzelne Emotionen – das stärkt Resilienz und Selbstmitgefühl.

5. Werte

Übung:
Schreibe auf, was dir nach dem Retreat wirklich wichtig ist (z.B. Selbstfürsorge, Kreativität, Verbindung).
Formuliere einen Satz: „Ich möchte… weil mir … wichtig ist.“
Warum:
Werte geben Orientierung und Motivation.

6. Engagiertes Handeln

Übung:
Setze dir eine kleine, konkrete Handlung für die kommende Woche, die deinen Werten entspricht (z.B. eine Stunde Kreativzeit, ein Gespräch mit einer vertrauten Person, ein Loslassritual).
Warum:
Veränderung geschieht durch kleine, engagierte Schritte.

Anwendungsfälle aus der Praxis

Fall 1: Enttäuschung und Selbstzweifel
Nach dem Retreat bist du enttäuscht, weil es nicht „magisch“ war. Mit Akzeptanz- und Defusionsübungen lernst du, diese Gefühle anzunehmen und dich nicht mit ihnen zu identifizieren. Deine Werte (z.B. Wachstum, Ehrlichkeit) helfen dir, trotzdem kleine Schritte zu gehen.

Fall 2: Überforderung und Rückfall in alte Muster
Zu viele neue Impulse, du verfällst in alte Gewohnheiten. Mit Achtsamkeitsübungen und Wertearbeit findest du heraus, was dir wirklich wichtig ist und setzt gezielt Prioritäten.

Fall 3: Vergleich mit anderen
Du hast das Gefühl, andere sind viel weiter. Mit Selbst-als-Kontext-Übungen lernst du, dich nicht mit dem Vergleich zu identifizieren, sondern deinen eigenen Weg wertzuschätzen.

Fazit:
ACT ist ein kraftvoller Ansatz, um nach dem Retreat mit allen Erfahrungen und Herausforderungen präsent zu bleiben, sich selbst anzunehmen und mutig neue Schritte zu gehen.

Wissenschaftliche Quellen:

  • Hayes, S.C. et al. (2011): Acceptance and Commitment Therapy.

  • Harris, R. (2019): ACT Made Simple.

  • Neff, K. (2003): Self-Compassion.

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